Sind wir nicht alle ein bisschen Pinguin?
Paule Pinguin ist mit der Gesamtsituation unzufrieden. Sehr unzufrieden. Aber warum nur?
Lasst uns eintauchen in Probleme, die nur ein Pinguin haben kann – oder etwa nicht?
Darum geht es
Paule Pinguin hat Probleme und zwar jede Menge: mit seiner Umgebung (es ist kalt, die Mitpinguine sind zu laut, die Sonne ist zu hell, das Meer zu salzig) und mit sich selbst (er geht unter wie ein Stein, er kann nicht fliegen, er findet sein Watscheln doof).
Kümmert das jemanden außer ihn selbst? Nope! Ganz allein ist er mit seinem Rumgemuffele inmitten unzähliger anderer Pinguine. Paules Laune könnte nicht mieser sein.
Sie wird auch nicht besser, als ein Walross ihm wortreich erläutert, dass es doch jede Menge Schönes in Paules Leben gäbe, ganz im Gegenteil ("Warum werde ich dauernd von Fremden angequatscht?"). Dennoch: Die kleine Gardinenpredigt wirkt nach. Denn obwohl Paule dem Walross keine allzu große Kompetenz in Pinguinproblemen zusprechen mag, muss er doch etwas widerwillig zugeben, dass es hier und da durchaus recht hatte. Ja doch, eigentlich hat er's schon ganz schön in seinem Pinguinleben.
Und was macht Paule nun mit den neuen Gedanken und Einsichten? Tja ... etwas, was man in einem Kinderbuch nicht unbedingt erwarten würde.
Lese(t)räumchen meint
Ein süßes und witziges Bilderbuch mit wenig Text und vielen Bildern für die Kleinen? Ja. Unter anderem.
Denn das Buch hält auch und vor allem den großen (Vor-)Leserinnen und -Lesern einen Spiegel vor. Wie oft beklagen wir uns über unser Leben im Allgemeinen und im Besonderen, über das Wetter, den Job, die Mitmenschen – und auch über uns selbst!?
Und wenn dann jemand von außen kommt – so ein Walross, das doch eigentlich gar keine Ahnung von uns hat (respektive die Psychologin aus der Frauenzeitschrift oder der Experte aus dem Lebenshilfebuch) – und uns sagt, dass unsere Welt doch im Großen und Ganzen recht schön und liebenswert sei? Dann runzeln wir die Stirn, denken darüber nach, stimmen vermutlich zerknirscht-einsichtig zu. Aber wie geht es danach weiter?
Jory John schenkt Paule (und dem Leser) noch eine weitere Seite Buch. Die entscheidende, auf der wir entdecken können, dass wir alle ein bisschen Pinguin sind.
Die Texte sind – bis auf den Walross-Vortrag – sehr lakonisch, der Grundton ist ziemlich deprimiert, was beides ungewöhnlich ist in einem Buch für Kleinkinder. Übersetzt hat es Andreas Steinhöfel. Perfect match, würde ich sagen. Ich habe mich weggelacht bei Paules Maulerei: „Ich hab nicht genug
Auftrieb. Ich gehe unter wie so ein doofer Stein.“
Die Illustrationen von Lane Smith sind so plakativ wie hinreißend. Wer sie sich mal anschauen möchte, kann das in einer Leseprobe auf der Website von Carlsen tun.
Jory John kennen die Kinder (und Vorleser/innen) übrigens möglicherweise als (Mit-)Autor der „Miles & Niles“-Bände (Teil 3 erscheint übrigens Mitte September 2917 bei cbt.)
Fazit
Ein witziges und kluges Bilderbuch, an dem auch die Großen viel Spaß haben werden.
Denn den missmutigen und trotzdem süßen Paule muss man einfach liebhaben. Ich tu's jedenfalls.
*PS:
Ich habe mir Paule im Urlaub am Tag vor dem VÖ gefischt. Und zwar in der einzigen Buchhandlung auf Norderney. Sie hatten sogar zwei Exemplare davon! Die waren zwar nicht leicht zu finden und klemmten dermaßen in der Auslage fest, dass kein Kind aus der eigentlichen Zielgruppe es jemals dort hätte herauszerren können. Aber gut, dieses Exemplar ging ja auch an ein großes Kind ... :)
Und die obercoole Tüte, in der ich das Buch überreicht bekommen habe, kann ich euch keinesfalls vorenthalten. Love it!
Steckbrief
Paule Pinguin allein am Pol
(Originaltitel: Penguin Problems)
mit Illustrationen von Lane Smith
übersetzt von Andreas Steinhöfel
Umfang: 32 Seiten
Preis: 14,99 Euro
Verlag: Carlsen
Altersempfehlung des Verlags: ab 4 Jahre
Erscheinungstermin: 28.Juli 2017
Hier geht's zur Leseprobe auf der Website des Carlsen Verlags!
Und hier kann man einen Blick in die Originalversion werfen.
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