GELESEN & GEHÖRT | Kai Lüftner: Die Finstersteins (Band 1) - Wehe, wer die Toten weckt ...

Der Held und das Genie

Fred und Franz, zwei Berliner Jungs, kommen echten Grufties auf die Spur und wittern ein ziemlich gruseliges Geheimnis. Wer traut sich mit ihnen auf den Waldfriedhof in der Wuhlheide?

Darum geht es

Wenn man wie Fred Merten auf einem Waldfriedhof wohnt, der einzige Freund Franz Ferdinand heißt und der mit Abstand uncoolste Junge der Schule ist (Fred kommt direkt danach), dann hat man nicht viel zu lachen. Seine Mitschüler dafür umso mehr. Aaron Bärbach, der schlimmste seiner Mitschüler, sorgt dafür, dass Fred regelmäßig Dresche bekommt. Eine Besserung von Freds Ansehen ist nicht in Sicht – er ist und bleibt der Nerd. Der Außenseiter. Der Neue. Der bekloppte, unsportliche Junge vom Fredhof. Freiwild für Aaron und seine Kumpels, von Fred Orks genannt.

 

Doch daheim, da erlebt Fred ganz andere Dinge, echte Abenteuer! Seine Mutter – Spitzname: Baba – ist Friedhofswächterin in Berlin-Köpenick. Und so ist es für Fred nichts Besonderes, abends zu prüfen, ob alle Grüfte richtig verschlossen sind. Warum auch nicht. Er macht sich ja auch ab und zu als Aushilfstrauergast bei Beerdigungen nützlich.

 

Was er eines Abends bei einem seiner Rundgänge entdeckt, ist gruselig und aufregend, vielversprechend und nicht zu ignorieren: eine ganze Familie, in Stein gehauen, schaut ihn an. Fast als wären sie lebendig. Die von Finstersteins!

 

Im Verlauf der Handlung wird tatsächlich so manches lebendig, was steinern schien. Fred findet in der Gruft außerdem ein geheimnisvolles, altes Schriftstück. Franz Ferdinand gibt den gewissenhaften Rechercheur. Und gemeinsam machen sich die Kumpels auf die Spur eines riesigen, uralten, vergessen geglaubten Geheimnisses, in das auch die Familie Bärbach verstrickt zu sein scheint.

Lese(t)räumchen meint

„Die Finstersteins – Wehe, wer die Toten weckt …“ ist der Auftakt einer neuen Reihe. Das bedingt, dass in diesem ersten Band etliche Grundsteine gelegt werden müssen, um Figuren, Personenkonstellationen, Schauplätze und Konflikte darzulegen und vorzubereiten für die weitere Entwicklung der Geschichte. Und um Köder auszulegen, die auf die Fortsetzung neugierig machen. Alles gelungen! Ich habe angebissen. :)

 

Sie sind schon merk-würdig, die beiden: Fred, der Held, und Franz, das Genie. Und ein bisschen leid tun sie einem auch, denn eigentlich sind sie ganz schön arm dran: Fred, der in der Schule so oft Prügel bezieht, und Franz, der Freak, mit dem keiner etwas zu tun haben will.

 

Franz wird so beschrieben, dass man nachvollziehen kann, dass er von anderen Kindern im besten Fall belächelt wird. Das Coole daran: Es macht ihm nichts aus. Er hat kein Bedürfnis, zu gefallen, dazuzugehören, „in“ zu sein.

 

Warum Fred von Beginn an nicht nur ein Außenseiter ist – ein neuer Mitschüler, der von den anderen einfach nicht beachtet wird –, sondern von den Orks ständig heftig verprügelt wird, wurde mir nicht so klar. Man muss es wohl einfach als gegeben hinnehmen. Ich finde ihn nämlich total sympathisch, den Jungen, der als selbstironischer Ich-Erzähler agiert, und der versucht, sich mit dem neuen Leben in Berlin zu arrangieren.

 

Jedenfalls: Franz und Fred kommen auf ihrem ganz eigenen Spielfeld, dem Friedhof, einer Sache auf die Spur, die größer zu sein schein, als sie absehen können. Das macht ihnen Angst, aber sie machen sich trotzdem mutig – quasi todesmutig – auf die Suche nach dem Geheimnis der von Finstersteins. Und ganz nebenbei wird aus der anfänglichen Zweckverbindung (besser einen Freak als Kumpel als gar keinen) fast schon eine richtige Freundschaft. Und dann ist da ja auch noch die Frage, ob man sich in ein 400 Jahre altes Mädchen verlieben kann ...

 

Ich bin wirklich gespannt, wie es weitergeht mit Fred, Franz, den von Finstersteins, den Orks und den Bärbachs. Welches Geheimnis verbindet sie? Das ist noch alles offen. Einen richtig spannenden Showdown auf dem nächtlichen Waldfriedhof gibt es am Ende des ersten Bandes trotzdem schon mal. Huuuuuui!

 

Die Handlung spielt übrigens in Kai Lüftners Kiez in Berlin – rund um die Wuhlheide –, das wird das Buch für Ortskundige noch zusätzlich interessant machen.

 

Das Buch

 

Ganz tolle Ausstattung! Hardcover, fasst sich toll und hochwertig an. Dunkler Hintergrund als Hingucker, gelbgefärbte Kanten des Buchblocks. Es ist sicher nicht zu verwegen, anzunehmen, dass weitere Bände in anderen Farben angelegt sein werden.

 

Viele sehr witzige und unheimlich (höhö!) stimmungsvolle Illus von Fréderic Bertand. Zum ganz oft Anschauen wegen der coolen Details (z. B. die Beschriftung der Grabsteine). Mit den Bildern aller Personen (und Tiere) vor Augen macht die Geschichte noch mehr Spaß.

 

Die eingestreuten Chat-Protokolle mit kurzen Dialogen zwischen Fred und Franz vermitteln sich im Buch deutlich besser als beim reinen Hören. (Wenn man zuerst das Hörbuch hört, könnte es sein, dass man nicht gleich kapiert, was es denn mit dem "Double-F-Defender" und "Freddy Spageddy" auf sich hat).

 

Das Hörbuch

 

Ungekürzt, ein Glück! Und gelesen von Kai Lüftner himself. Wie immer sehr großartig, was soll man sagen!

Vor allem dann, wenn – so ab der Mitte – mehr Personen in die Handlung einsteigen. Es ist einfach herrlich zuzuhören, wie er ihnen allen passende Stimmen gibt. Sehr großer Spaß!

Fazit

Originell, gruselig, witzig. Eine ungewöhnliche Geschichte mit erfreulich unvorhersehbarem Verlauf.

Und: Buch lesen + Hörbuch hören = doppelter Spaß!

 

Kai Lüftner beendet seine Facebook- und Blogposts immer mit den Worten: „habt euch lieb. ick tus.“

In diesem Fall würde ich sagen: „Habt die Finstersteins lieb (und Fred und Franz natürlich auch). Ick tu’s!“

 

 

Edit: Und Kai hat das Lese(t)räumchen auch ein bisschen lieb, wie schön! :) 

 

 

Illustrationen: (c) Coppenrath Verlag

Steckbrief

„Die Finstersteins. Wehe, wer die Toten weckt …“

Kai Lüftner

 

Umfang: 224 Seiten

Preis: 12,99 Euro (Hardcover)

Verlag: Coppenrath Verlag

Altersempfehlung des Verlags: ab 9 Jahre

Erscheinungstermin: 6. September 2016

 

 

 

„Die Finstersteins. Wehe, wer die Toten weckt …“

Kai Lüftner

 

Ungekürzte Autorenlesung

Umfang: 3 CDs (3:41 h)

Verlag: DAV – Der Audio Verlag

Preis: 14,99 Euro

Altersempfehlung des Verlags: ab 8 Jahre

Erscheinungstermin: 23. September 2016

 

Hörprobe & Outtakes auf der Website von DAV

 

Das passt dazu

Kai Lüftner: Das Kaff der guten Hoffnung

Von mir hier allerdings noch nicht besprochen.



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